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rikanischen Motto, einem Motto, das wie eine Wasch-
mittelreklame klingt: »I care«. Was macht es schon, wenn
sie kein Englisch können, die Arbeiter aus den Strömen
von roten Fahnen, den Meeren von roten Fahnen. Was
macht das schon, wenn mein Schreiner, ein alter, ehr-
licher Florentiner Kommunist, nicht weiß, was es bedeu-
ten soll, dieses I care. Er liest es Icare, glaubt, es handle
sich um Ikarus, also um den jungen Griechen, der wie
die Vögel fliegen wollte, dem jedoch beim Fliegen die Flü-
gel aus Wachs schmolzen und & paff: er zerschellte auf
dem Boden und starb. Was macht das schon, wenn mein
Schreiner mich ganz verwirrt fragt: »Sora Fallaci, ma ic-
chè c entra Ichero?!? Frau Fallaci, was hat eigentlich Ika-
rus damit zu tun?« Was macht das schon, wenn ich ihm
erklären muss, dass etwas ganz anderes damit gemeint
ist. Dass I care nichts mit Ikarus zu tun hat, sondern ein
Verb ist oder vielmehr ein angloamerikanisches Motto,
das bedeutet: Das-ist-mir-wichtig. Da wird mein Schreiner
wütend: »Vorrei sapere chi l è qui bischero che l ha ni-
ventato questa bischerata! Ich möchte mal wissen, welcher
Trottel diese Schweinerei erfunden hat!« Sie beschimp-
fen mich nicht einmal mehr als dumm, reaktionär etc.,
die roten Expfaffen (doch dank dieses Buches werden sie
es bald wieder tun). Manchmal sagen sie sogar Sachen,
die ich sagte, als sie mich noch dumm, reaktionär etc.
nannten. Und soweit ich weiß, greift mich ihre Zeitung
nicht mehr mit Schmähungen, grundlosen Gemeinheiten
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und schändlichen Verleumdungen an (wird es aber bald
wieder tun), mit welchen sie mich vierzig, fünfzig Jahre
lang überhäufte in ihrer faschistischen Kolumne »U fes-
so del giorno« (»Der Dummkopf des Tages«), die dann in
»II dito nell occhio« (»Der Finger im Auge«) umgetauft
wurde. Die Wochenblätter, idem. (Klammer auf: Nach
meiner Reise nach Hanoi, das heißt, als ich mein Leben
in Vietnam riskierte, widmete mir eine kommunistische
Journalistin in einem bekannten kommunistischen Wo-
chenblatt eine Reihe von bösartigen Artikeln, und weißt
du, warum? Weil ich geschrieben hatte, dass in Nord-
vietnam Ho Chi Minhs Regierung ihre Untertanen bis
in die kleinen Alltagsdinge hinein unterjoche. Dass sie
zum Beispiel gezwungen wurden, getrennt Pipi zu ma-
chen und zu kacken, damit die nicht mit Urin vermi-
schten Exkremente als Dünger verwendet werden konn-
ten. Oder dass die, die keine Kommunisten waren, so
brutal verfolgt wurden, dass ein alter Vietminh aus Dien
Bien Phu sich eines Tages wie ein Kind an meiner Schul-
ter ausweinte. »Madame, vous ne savez pas comme nous
sommes traités ici, Madame. Madame, Sie ahnen ja nicht,
wie wir hier behandelt werden, Madame.« Und weißt du,
wie der Titel lautete, mit dem diese Dame die Artikelserie
überschrieben hatte, ein Titel, der bei jeder Fortsetzung
über zwei Seiten lief? »Signorina Snob fährt nach Viet-
nam.« Klammer zu.) Nein, zumindest vorerst halten sie
sich zurück. Ganz Italien hat inzwischen vergessen, was
sie mir angetan haben. Ich freilich habe es nicht verges-
sen und frage voller Empörung: »Wer gibt mir diese über
vierzig Jahre zurück, die blaue Flecken auf meiner Seele
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hinterlassen und meine Ehre geschändet haben?« Einige
Monate vor der Apokalypse in New York stellte ich diese
Frage einem ehemaligen Kommunisten der ehemaligen
Jugendorganisation der Kommunistischen Partei Italiens.
Der Rekrutierungsanstalt (so nenne ich sie), aus der alle
oder fast alle linken Minister oder Ministerpräsidenten
oder Bürgermeister hervorgegangen sind, die meine Hei-
mat bedrücken oder bedrückt haben. Ich erinnerte ihn
daran, dass der Faschismus keine Ideologie, sondern ein
Verhalten ist, und fragte ihn: »Wer gibt mir diese Jahre
zurück?« Da er sich heute als Liberaler, als echter Pro-
gressist geriert, gab ich mich der Illusion hin, er würde
das Folgende antworten: »Kein Mensch gibt sie dir zu-
rück, meine Liebe. Im Namen meiner Expartei bitte ich
um Verzeihung.« Stattdessen zuckte er nur die Achseln
und erwiderte: »Verklag uns, geh vor Gericht!« Diesen
Worten entnehme ich, dass der Wolf auch im Schafspelz
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